Gebäudetyp „E – wie einfach“… oder doch eher „E wie expensive“?

Was der neue Gebäudetyp E leisten soll

Der neue Standard „Gebäudetyp E“ wurde mit dem Ziel vorgestellt, kostengünstigeres und schnelleres Bauen zu ermöglichen. Er soll Planungs- und Normvorgaben reduzieren, den Bauprozess vereinfachen und dadurch die Baukosten senken. Die politische Erwartung dahinter: Der Wohnungsbau – insbesondere der Bau von bezahlbaren Mietwohnungen – soll wieder angekurbelt werden. Mehr Projekte sollen realisiert werden können, und die Bauwirtschaft soll spürbar entlastet werden. Insgesamt soll so der Mietwohnungsmarkt durch einfachere und günstigere Bauweisen profitieren.

Was im Mietwohnungsbau ein sinnvolles und pragmatisches Werkzeug sein kann, kann für Käufer von Neubauprojekten von einem Bauträger jedoch schnell zur Kostenfalle werden.

Gut gemeint – für Eigentumsprojekte ein zweischneidiges Schwert

Problematisch wird es dort, wo der Gebäudetyp E bei Eigentumswohnungen oder selbstgenutzten Häusern zur Anwendung kommt. Hier könnten Bauträger die abgesenkten Standards nutzen, um Kosten einzusparen, ohne diese Einsparungen zwingend an die Käufer weiterzugeben. Der Verkaufspreis liegt dann häufig weiterhin auf dem Niveau bisher gehandelter Neubauprojekte in vergleichbarer Lage – trotz reduzierter Ausstattungs- und Qualitätsstandards.

Damit wird aus dem ursprünglich „einfachen“ Gebäudetyp schnell: E wie expensive.

Versteckte Mehrkosten durch Sonderausstattungslisten

Besonders kritisch wird es, wenn viele frühere Selbstverständlichkeiten in kostenpflichtigen Sonderwunschlisten auftauchen. Dadurch entstehen Mehrkosten, die im Angebotspreis nicht erkennbar sind.

Beispiele
  • gewohnter Schallschutz nur noch gegen Aufpreis
  • ausreichende Elektro-Grundausstattung als „Upgrade“
  • größere Fenster nur gegen Mehrkosten
  • Fußbodenheizung als kostenpflichtige Option
  • Stellplätze und Tiefgaragenplätze als teure Zusatzposten

Die einzelnen Positionen wirken harmlos – doch in Summe können sie zu fünfstelligen Mehrkosten führen. Entscheidend: Diese Summen stehen oft erst in den detaillierten Sonderausstattungslisten, nicht im Exposé.

Der Schoko-Trick: gleiche Verpackung, weniger Inhalt

Die Situation erinnert an den bekannten „Schoko-Trick“: Eine Tafel, die früher 100 g wog, enthält plötzlich nur noch 90 g – bei identischer Verpackung und gleichem Preis.

Beim Gebäudetyp E kann ein ähnliches Prinzip greifen: Das Neubauprojekt wirkt nach außen modern und hochwertig, doch im Inneren werden Ausstattung, Qualität und Komfort reduziert – während zusätzliche Leistungen unauffällig in kostenpflichtige Ausstattungslisten ausgelagert werden.

Früherer Standard vs. Gebäudetyp E

Früherer Standard Gebäudetyp E heute
Hochwertiger Schallschutz (Mindeststandard) Besserer Schallschutz nur als kostenpflichtige Sonderausstattung
Ausreichende Anzahl Steckdosen & Anschlüsse Reduzierte Elektro-Grundausstattung
Fußbodenheizung häufig inklusive Als Upgrade in der Sonderwunschliste
Keller-/Abstellraum als Standard Oft gestrichen oder nur gegen Aufpreis
Stellplätze meist projektseitig vorgesehen Stellplätze knapp und hoch bepreist
Normale Raumhöhe (ca. 2,50 m) Teilweise niedrigere Raumhöhen
Großzügige Fensterflächen Kleinere Fenster; größere nur gegen Aufpreis

Fazit

Der Gebäudetyp E kann im Mietwohnungsbau tatsächlich helfen, Baukosten zu reduzieren und Projekte schneller zu ermöglichen. Für Käufer von Eigentumswohnungen oder selbstgenutzten Häusern birgt er jedoch klare Risiken: reduzierte Bauqualität, geringere Standards und versteckte Zusatzkosten.

Kaufinteressenten eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung sollten deshalb nicht nur das Exposé betrachten, sondern vor allem die Baubeschreibung und alle kostenpflichtigen Sonderausstattungslisten sehr genau prüfen. Gerade hier stehen die entscheidenden Informationen darüber, was tatsächlich im Kaufpreis enthalten ist – und welche Leistungen später zusätzlich berechnet werden.

In diesen Detailunterlagen verbergen sich häufig Positionen, die einzeln unauffällig wirken, in der Summe jedoch erhebliche Mehrkosten verursachen können.

Wer die Baubeschreibung und die Sonderwunschlisten vollständig liest, vergleicht und kritisch hinterfragt, schafft Klarheit über den tatsächlichen Leistungsumfang – und vermeidet teure Überraschungen nach Vertragsabschluss.

Tipp: Hilfreich kann es zudem sein, sich unabhängig von den Unterlagen des Bauträgers darüber zu informieren, wie eine vollständige und zeitgemäße Baubeschreibung aussehen sollte. Orientieren können sich Käufer dabei zum Beispiel an öffentlich verfügbaren Leitfäden des Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB), an den Online-Informationen der Verbraucherzentralen, am Ratgeber „Die Muster-Baubeschreibung – Hausangebote richtig vergleichen“ oder an weiteren Leitfäden von Architektenkammern und Fachverbänden. Solche Dokumente zeigen, welche Angaben üblicherweise enthalten sein müssen – und erleichtern den Vergleich mit den tatsächlichen Unterlagen eines Projekts.

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